Die Schuldfrage

02. Januar 2025 von Marlies

Während die einen die Schuld sofort auf sich nehmen, geben die anderen sie gerne weiter. Wohin mit dem unerfreulichen Päcklein?

Wenn Paare aneinander leiden, geht es oft um die Schuldfrage. Es ist menschlich, dass die Schuld für das eigene Leiden und die Unzufriedenheit beim anderen gesucht wird. Denn das Eingeständnis, zumindest mitschuldig zu sein an einem unbefriedigenden Zustand, kann schmerzlich, wenn nicht gar unmöglich zu akzeptieren sein im Moment.

Aktion – Reaktion

Genauer betrachtet kann – in den meisten Fällen und in grundsätzlich frei gewählten Beziehungen – sich jemand nur unverschämt, egoistisch und unempathisch verhalten, weil er oder sie nicht daran gehindert wird. Würde man den Partner/die Partnerin zeitnah zur Rede stellen und signalisieren, dass dieses Verhalten nicht akzeptabel ist, käme es oft gar nicht zu einer längerfristigen Unzufriedenheit. Aber das ist nicht so einfach, denn der/die Andere fürchtet Konsequenzen in Form von Missstimmung und Streit bis hin zum Verlassenwerden. Der Mensch lässt sich vieles bieten aus purer Verlustangst. Allerdings wird diese Angst gerne verdrängt zugunsten schmeichelhafteren Argumenten (ich mache jetzt kein Drama draus, lasse die Fünf gerade sein, ich bin friedfertig und grosszügig und was der Selbsttäuschungen mehr sind).

Wehret den Anfängen

Es braucht viel Feingefühl und Selbsterkenntnis, den anderen nicht zu überfahren, seine Grenzen zu respektieren, den eigenen Egoismus zu durchschauen. Gerade im engsten Familienkreis und in der Partnerschaft geht dieser Sinn häufig verloren. Man glaubt offenbar, sich einiges mehr erlauben zu können wie am Arbeitsplatz, im Freundeskreis und in der Öffentlichkeit. Vielleicht ist dies auch so – aber irgendwo ist auch hier Schluss mit der Durchsetzung eigener Interessen und Vorlieben. Und dieses bis hierher und nicht weiter muss immer mal wieder klar kommuniziert werden. Dann erübrigt sich die Schuldfrage oft schnell – ebenso wie die Frage: Weshalb nur liess ich mir das so lange bieten?